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Göltzschener Tonei, Foto: Naturkundemuseum Leipzig
Göltzschener Tonei, Foto: Naturkundemuseum Leipzig

Archäologische Osterüberraschung im Naturkundemuseum Leipzig: Das erste slawische Tonei Sachsens

Altfund in der Sammlung wiederentdeckt

31.03.2021Stadtinformationen
Naturkundemuseum

Eigentlich wollte der Archäologe Dr. Thomas Westphalen in der Sammlung des Naturkundemuseums Leipzig zum Beginn des Kirchenbaus in Sachsen recherchieren, gestoßen ist er dabei jedoch auf eine echte Osterüberraschung in Form eines eiförmigen Objektes aus gebranntem Ton. 1930 beim Sandabbau in Göltzschen, einem Ortsteil von Magdeborn im Landkreis Leipzig, entdeckt und 1954 als slawische Tonklapper veröffentlicht, geriet das 5,7 Zentimeter hohe und 58 Gramm schwere, mit winkligen Einstichen verzierte Keramikobjekt in den folgenden Jahrzehnten weitestgehend in Vergessenheit. Aus Unkenntnis wurden derlei Objekte häufig als Rasseln oder Klappern bezeichnet, weil sich im hohlen Inneren Einschlüsse befinden, die tatsächlich allerdings nur ein leises Rascheln hervorrufen.

Bezogen auf die Machart unterscheide sich das Göltzschener Tonei laut Westphalen nicht von der lokalen spätslawischen Keramik. In Form und Dekor entspreche der Fund dagegen den Toneiern des 11. und 12. Jahrhunderts, die mit den farbig glasierten „Kiewer Eiern“ ihre auffälligste Form finden und von denen eines aus dem 60 Kilometer von Göltzschen entfernten Meißen stammt. Bei dem wiederentdeckten Altfund aus der Sammlung des Leipziger Naturkundemuseums handelt es sich dagegen um ein lokales Imitat. Ob sein Gebrauch schon in heidnischer Zeit üblich wurde oder mit dem christlichen Osterritus in Zusammenhang gebracht werden kann, ist derzeit noch Gegenstand der Diskussion. Die dekorativen sorbischen Ostereier der Gegenwart lassen sich mit ihnen nicht in Verbindung bringen. Verschenkt werden die kunstvoll verzierte Eier bei den Sorben übrigens nicht nur zu Ostern, sondern auch bei Kindstaufen, Kommunionen, Hochzeiten und anderen besonderen persönlichen Anlässen.

Dr. Thomas Westphalen ist Leiter der Abteilung „Archäologische Denkmalpflege“ des Landesamtes für Archäologie Sachsen. Schwerpunkte seiner Forschung stellen die slawische Archäologie und der Leipziger Stadtkern dar. Mit dem Naturkundemuseum Leipzig ist Dr. Thomas Westphalen seit Mitte der 1990er-Jahre verbunden, was auch Dr. Ronny Maik Leder, Direktor des Hauses freut: „In unseren Sammlungen schlummern noch unzählige Schätze, die (wieder)entdeckt werden wollen. Wissenschaftler*innen Zugang zu gewähren, um Forschung zu ermöglichen, ist eine der größten Prämissen zeitgemäßer Sammlungsarbeit.“



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