Medizinisches Cannabis oder klassische Schmerzmittel – Was wirkt wann besser?

Schmerz beeinflusst den Alltag, den Schlaf und die Psyche. Etwa 23 Millionen Menschen in Deutschland, also rund 28 % der Bevölkerung, leben mit chronischen oder wiederkehrenden Schmerzen.

Die Bandbreite der Therapie reicht von frei verkäuflichen Mitteln bis zu hochwirksamen Opioiden oder medizinischem Cannabis. Doch welches Mittel hilft wann am besten? Und wie unterscheiden sich die Wirkstoffe in ihrer Anwendung, Wirkung und Verträglichkeit?

Wie Schmerzmittel im Körper wirken

Schmerzmittel greifen in komplexe Prozesse des Nervensystems ein. Dabei unterscheidet man vor allem zwischen nicht-opioiden Analgetika wie Ibuprofen oder Paracetamol und opioiden Schmerzmitteln wie Tramadol oder Morphin.

Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) blockieren bestimmte Enzyme, die Entzündungen und Schmerzen verursachen. Dazu gehören Ibuprofen, Diclofenac oder Naproxen. Diese Mittel helfen besonders gut bei entzündlichen Schmerzen – etwa bei Arthrose oder Rückenschmerzen. Gleichzeitig belasten sie bei häufiger Einnahme den Magen und können langfristig die Nieren schädigen.

Paracetamol wirkt anders: Es senkt Fieber und lindert Schmerzen, hat aber kaum entzündungshemmende Eigenschaften. Bei Überdosierung kann es zu schweren Leberschäden führen.

Opioide wie Tilidin, Tramadol oder Morphin greifen direkt an den Schmerzrezeptoren im Gehirn an. Sie blockieren das Schmerzempfinden effektiv, bergen jedoch ein hohes Abhängigkeitspotenzial. Besonders bei chronischen Schmerzen kann es zu Toleranzentwicklungen kommen – also einer schrittweisen Wirkungsverringerung bei gleichbleibender Dosis.

Diese klassischen Schmerzmittel sind gut erforscht und bei vielen Beschwerden die erste Wahl. Doch sie bringen teils erhebliche Nebenwirkungen mit sich. Deshalb wächst das Interesse an alternativen Ansätzen wie medizinischem Cannabis.

Was medizinisches Cannabis leisten kann

Cannabis ist kein Allheilmittel – doch es kann in der Schmerztherapie eine sinnvolle Ergänzung sein. Vor allem bei chronischen Schmerzen, die auf klassische Mittel nicht ausreichend ansprechen, zeigen Cannabinoide therapeutisches Potenzial. Die wichtigsten Wirkstoffe sind THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol). Beide beeinflussen das körpereigene Endocannabinoid-System, das an der Schmerzverarbeitung beteiligt ist.

THC wirkt schmerzlindernd, muskelentspannend und kann die Stimmung verbessern. CBD hingegen gilt als entzündungshemmend und angstlösend – allerdings ohne berauschenden Effekt. Die genaue Wirkung hängt von der Zusammensetzung und dem Verhältnis dieser beiden Stoffe ab.

In Deutschland darf medizinisches Cannabis nur unter bestimmten Voraussetzungen verschrieben werden. Typische Einsatzgebiete sind chronische Nervenschmerzen, Multiple Sklerose, Krebsschmerzen oder therapieresistente Schmerzen bei Rheuma. Wichtig ist eine ausführliche ärztliche Abklärung. Der Einsatz erfolgt meist dann, wenn andere Therapien versagt haben oder starke Nebenwirkungen verursachen.

Die Verschreibung kann über spezialisierte Ärzt:innen oder telemedizinische Plattformen erfolgen. Dort beraten EU-zertifizierte Mediziner:innen und stellen bei medizinischer Eignung Rezepte für zugelassene Cannabisarzneimittel aus.

Medizinisches Cannabis ist in Deutschland verschreibungsfähig und daher nicht frei verkäuflich. Patient:innen erhalten es in standardisierter Qualität über Apotheken – meist in Form von Blüten, Ölen oder Kapseln. Die Dosierung erfolgt individuell und wird regelmäßig ärztlich überprüft. Die deutschlandweit größte Übersicht von über 1.000 Blüten und ihrer Wirkungsweise sowie 200+ Apotheken, bei denen man diese erhält, bietet übrigens die Plattform Flowzz.
 

Rechtlicher Hinweis: Was in Deutschland für medizinisches Cannabis gilt

  • Medizinisches Cannabis ist in Deutschland nur auf Rezept erhältlich. Ärzt:innen dürfen es bei schwerwiegenden Erkrankungen verordnen, wenn herkömmliche Therapien nicht ausreichen.
  • Erlaubt sind Cannabisblüten, Extrakte sowie Fertigarzneimittel wie Dronabinol oder Nabiximols.
  • Gesetzlich Versicherte benötigen in der Regel eine Kostenzusage der Krankenkasse. Diese muss vor Therapiebeginn beantragt werden.
  • Cannabisarzneimittel dürfen nur über Apotheken abgegeben werden. Dabei gelten strenge Qualitäts- und Sicherheitsstandards.

Achtung bei Fahren im Straßenverkehr

Wer Cannabis medizinisch nutzt, darf nur Auto fahren, wenn keine Einschränkungen bestehen. Eine individuelle Einschätzung durch den Arzt ist Pflicht.

Risiken und Nebenwirkungen im Vergleich

Kein Schmerzmittel ist frei von Nebenwirkungen. Doch die Art der Risiken unterscheidet sich deutlich. Klassische Schmerzmittel wie NSAR können Magenbeschwerden, Blutdruckprobleme oder Nierenschäden verursachen – besonders bei Dauergebrauch. Opioide bergen zudem ein hohes Risiko für Abhängigkeit, Verstopfung und Sedierung. Die Gefahr einer Überdosierung ist real, besonders bei älteren Menschen.

Medizinisches Cannabis verursacht sehr selten lebensbedrohliche Nebenwirkungen. Häufige Begleiterscheinungen sind Schwindel, Müdigkeit oder trockener Mund. THC kann in Einzelfällen psychische Reaktionen wie Angst oder Verwirrtheit auslösen – vor allem bei hoher Dosierung oder empfindlichen Patient:innen.

Cannabis ist demnach keine pauschale Alternative, kann aber bei bestimmten Schmerzarten eine nebenwirkungsärmere Option sein. Die Entscheidung sollte immer gemeinsam mit einer Ärztin oder einem Arzt getroffen werden.

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