Kaffee-Tradition in Leipzig

Kaffee und Leipzig gehören untrennbar zusammen. In der sächsischen Metropole unterhielten die ersten Kaffeehausmusiker Deutschlands ihre Gäste: Georg Philipp Telemann musizierte in den Kaffeehäusern am Marktplatz mit dem 1701 gegründeten Collegium musicum.

Johann Sebastian Bach besuchte über zwei Jahrzehnte lang zwei Mal in der Woche das Zimmermannsche Kaffeehaus in der Katharinenstraße. Seine Kaffeekantate gilt als Höhepunkt der sächsischen Kaffeehausmusik des 18. Jahrhunderts. Den Text dazu hatte der Leipziger Schriftsteller Christian Friedrich Henrici (Künstlername Picander) 1732 verfasst.

Sogar der Kanon "C-a-f-f-e-e" wurde im Kaffeeland Sachsen erfunden. Um seine Schüler vom schädlichen Genuss des "braunen Türkentranks" abzuhalten, komponierte ein besorgter Zittauer Musiklehrer den Kanon.

Während anderswo Kanonenkugeln gegossen wurden, errang Leipzig in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts Ruhm als größter Produktionsort von Kaffeemühlen. Nachdem 1693 die erste Ladung Kaffeebohnen in Leipzig eingetroffen war, eröffneten immer neue Kaffeehäuser. Folgerichtig befindet sich das neben dem Pariser "Café Procope" älteste Kaffeehaus Europas in Leipzig. Adam Heinrich Schütze eröffnete 1694 den barocken "Coffe Baum" in der Kleinen Fleischergasse 4 und schenkte erstmals Kaffee aus. Im Verlauf der folgenden drei Jahrhunderte trafen sich hier viele Geistesgrößen der Stadt und genossen das populäre Getränk. Der Literaturprofessor Johann Christoph Gottsched ging ebenso ein und aus wie der Maler Max Klinger, der Dichter E. T. A. Hoffmann oder der Komponist Richard Wagner. Auch Goethe, Lessing, Bach und Grieg waren häufig zu Gast. Im parterre gelegenen Schumann-Zimmer traf sich Robert Schumann zwischen 1828 und 1844 mit seinen Freunden zum Stammtisch. Sogar Revolutionäre wie Robert Blum, Karl Liebknecht und August Bebel etablierten hier ihr zweites Wohnzimmer. 1990 diskutierten Helmut Kohl und Lothar de Maizière die Chancen der deutschen Einheit.

Berühmt ist die Sandsteinplastik über dem Portal des "Coffe Baums". Ein Osmane mit einer großen Kanne reicht Amor eine Tasse Kaffee. Sie symbolisiert die Begegnung des christlichen Abendlandes mit dem islamischen Orient. Kein Geringerer als August der Starke soll diese Plastik 1720 als Dank für die Liebesdienste der Wirtin gestiftet haben.

In der dritten Etage befindet sich ein Kaffee-Museum - weltweit eines der bedeutendsten. In 15 Räumen werden über 500 ausgewählte Exponate aus 300 Jahren sächsischer Kaffee- und Kulturgeschichte präsentiert. Unter Tischröstern und Kaffeemühlen aus verschiedenen Epochen ist ein hochmoderner Probenröster die Attraktion.

Echter Bohnenkaffee und original Meißner Porzellan sind bis heute die wichtigsten Identifikationsmerkmale der "Kaffeesachsen" geblieben, die ihren Spitznamen von Friedrich dem Großen im Siebenjährigen Krieg bekamen. Weil ihnen der Kaffee fehlte, haperte es den Sachsen an der Kampfmoral und sie verweigerten den Waffeneinsatz mit dem Argument "Ohne Gaffee gönn mer nich gämpfn!". Die Beleidigung des preußischen Monarchen als "Kaffeesachsen" störte sie nicht weiter, denn ausgiebige Kaffee- und Kuchengelage waren den Sachsen bekömmlicher, als der Aufenthalt auf den Kriegsschauplätzen Europas. Dort erlitten sie hauptsächlich Niederlagen oder kämpften auf der falschen Seite. Erinnert sei nur an die Schlacht bei Jena und Auerstedt, wo sie zunächst an Preußens Seite fochten und gegen Napoleon verloren. Sieben Jahre später kämpften sie an Napoleons Seite und waren Verlierer in der Völkerschlacht bei Leipzig. Doch wie trinkt man nun in Leipzig den Kaffee? "Sieße muss d'r Coffe sein", sagt ein Sprichwort. Abfällig sprechen die verwöhnten "Kaffeesachsen" von "Plempe" oder "Lorke", wenn der coffeinhaltige Aufguss zu dünn geraten ist. Da in schlechten Zeiten auch Genießer aus wohlhabenden Kreisen die Kaffeebohnen zählen mussten, schenkten sie ihren Gästen sogenannten "Schwerter-Kaffee" ein. Die Konzentration des Kaffees war so schwach, dass die blauen Schwerter, die sich am Boden des Meißener Porzellans befanden, durchschimmerten. Seit 1729 sagt man auch "Blümchenkaffee", wenn das Getränk so klar ist, das man die Blume am Grund der Porzellantasse sehen kann. So berichtet eine Anekdote aus dem 18. Jahrhundert, dass ein sparsamer Gastgeber für fünfzehn "Schälchen Heeßen" vierzehn Bohnen röstete und mahlte.

Als Faustregel für den Kaffeegenuss der Leipziger könnte der Spruch des Kardinals Talleyrand gelten, der in die Geschichts-Annalen einging:

"Der Kaffee muss sein
Schwarz wie der Teufel
Heiß wie die Hölle
Rein wie ein Engel
Süß wie die Liebe."


Leipzigs Gäste, die die Kaffeehäuser der Stadt besuchten, können seine Worte bestätigen: Kaffee ist Magie, Kaffee ist Erotik und Kaffee ist Geist.

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