Julius Ferdinand Blüthner

11.03.1824

Julius Ferdinand Blüthner war Leipzigs begabtester und berühmtester Instrumentenbauer. Er wurde in Falkenhain, der heutigen Stadt Meuselwitz, als Sohn eines Tischlers geboren und lernte von selbigen mit Hobel, Säge und Meißel umzugehen. Nach der Schulzeit machte Blüthner bei seinem Vater eine Lehre als Möbeltischler. Nach dem Tod seines Vaters allerdings suchte sich der damals 16-jährige Blüthner eine neue Lehrstelle und konnte in Zeitz seine Ausbildung als Möbeltischler fortführen. Als Achtzehnjähriger nahm er eine Stellung bei der Pianofortefabrik "Hölling und Spangenberg" an. Dort entdeckte er auch seine Liebe zum Klavierbau. Während der Revolutionsjahre 1848 und 1849 kam der Instrumentenbau zum Erliegen. Es gab kaum Neubestellungen für Instrumente und so hielt sich Blüthner in dieser Zeit allein mit Klavierstimmen und -reparaturen über Wasser.

Blüthner kehrte bald nach Leipzig zurück und begann eine Beschäftigung in der Pianofortefabrik Bretschneider. Aufgrund des stark wachsenden wirtschaftlichen Umfeldes in Leipzig eröffnete er am 7.11.1853 eine kleine Werkstatt mit drei Arbeitern im Leipziger Westen und stellte im ersten Jahr zehn Flügel her. 1864 beschäftigte Blüthner bereits 100 Arbeiter und nahm einen Fabrikneubau in Nutzung. Bis zum 50-jährigen Geschäftsjubiläum 1903 verließen 63.000 Instrumente die Fabrik. Kurz danach zog sich der 81 jährige Blüthner aus der Firma zurück und übergab die Geschäfte seinem Sohn Adolf Max Blüthner. Als Julius Blüthner am 13.4.1910 in Leipzig starb, lag die geschäftliche Leitung bei Robert Blüthner und die technische Leitung bei Adolf Max Blüthner, die nach dessen Tode Heinrich Bruno Blüthner übernahm. In der dritten Generation ging das Unternehmen auf den Adoptivsohn Roberts, Rudolf Blüthner-Haessler über.

Auf der Weltausstellung 1867 in Paris erhielten die Blüthner-Instrumente einen ersten Preis und erlangten dadurch internationale Bedeutung. Im gleichen Jahr gründete Blüthner in London seine erste Auslandsvertretung. Dem Instrumentenbauer gelangen bahnbrechende Entwicklungen im Klavierbau. Die besondere Eigenart der Produktion wurde der 1873 erstmals gebaute Aliquot-Flügel, bei dem jedem Saitenchor eine vierte Saite zugeordnet wird, die nicht vom Hammer mit angeschlagen wird, sondern nur mitschwingt. Die Obertöne in der Oktave werden verstärkt und führen zur Klangschönheit der Blüthner-Flügel. Blüthner stellte jungen aufstrebenden Pianisten den betriebseigenen Konzertsaal zur Verfügung, in dem sie erstmals öffentlich auftraten. Zu ihnen gehörten Wilhelm Backhaus und Ignaz Friedman.

Neben dem geschäftlichen Erfolg genoß der Musikliebhaber auch das Lob für seine Instrumente. So gehörten u.a. Franz Liszt, Johannes Brahms und Peter Tschaikowski zu seinen Kunden. 1903 wurde Blüthner zum königlich sächsischen Kommerzienrat ernannt. Bereits dreißig Jahre nach der Gründung des Unternehmens waren Blüthners Flügel und Klaviere in allen wesentlichen Ländern der Welt vertreten. Bis zur Jahrhundertwende baute Blüthner seine Firma zur bedeutendsten Klavierfabrik Europas aus. Seine Söhne Bruno und Robert führten das Werk fort. Bei einem Luftangriff wurde das Unternehmen 1943 völlig zerstört. Nach dem Krieg ermutigten viele Künstler und Freunde die Familie die Herstellung von Flügeln und Klavieren wieder aufzunehmen.

Heute ist Blüthner wieder auf allen großen Konzertpodien der Welt vertreten und hat bisher über 150.000 Klaviere und Flügel verkauft. Das Familienunternehmen beschäftigte im Jahr 2003 etwa 100 Mitarbeiter, die jährlich 500 Flügel und 300 Klaviere bauen. Für den Bau eines Flügels werden etwa 500 Arbeitsstunden benötigt. Im Jubiläumsjahr 2003 eröffnete das Unternehmen Filialen in London und Moskau. Etwa 60.000 EUR zahlen Kunden heute für einen "Blüthner" aus Mahagoni-Holz. Die Herstellung hochwertiger Instrumente in edler Ausführung standen dabei im Vordergrund. Der für damalige Verhältnisse fortschrittliche Firmenchef kümmerte sich um seine Angestellten, indem er eine Fabrikkrankenkasse, eine Versicherung für Angestellte und eine Unterstützungskasse für invalide und alte Arbeiter einrichtete. Er wurde außerdem zum Hoflieferant des dänischen Königs und Zar Nikolaus II. Blüthner war seit 1882 Mitglied der Leipziger Freimaurerloge Apollo.


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