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Radiogerät: Deutscher Kleinempfänger, Foto: Esther Hoyer
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Neue Ausstellung im GRASSI Museum für Angewandte Kunst Leipzig: FORMEN DER ANPASSUNG. Kunsthandwerk und Design im Nationalsozialismus

27. November 2025 bis 12. April 2026

25.11.2025 Kunst
GRASSI Museum

Das GRASSI Museum für Angewandte Kunst Leipzig zeigt vom 27.11.2025 bis 12.04.2026 die Ausstellung FORMEN DER ANPASSUNG. KUNSTHANDWERK UND DESIGN IM NATIONALSOZIALISMUS.

Die Schau nähert sich einem bislang wenig beachteten Kapitel deutscher Gestaltungsgeschichte. Sie verdeutlicht, wie politische Direktiven, ideologische Leitlinien und ökonomische Rahmenbedingungen Gestaltung prägten und veränderten. Rund 400 Exponate aus Museen, Archiven und Sammlungen aus Deutschland sowie dem eigenen Sammlungsbestand werden präsentiert.

Im Zentrum stehen Objekte des täglichen Gebrauchs – Vasen, Kannen, Möbel, Textilarbeiten, Geschirre aus Glas, Porzellan, Holz und Metallen - die in den Jahren 1933 bis 1945 entstanden. Ergänzt werden diese Alltagsgegenstände durch aufwendige Gold- und Silberschmiedearbeiten sowie Ehren- und Staatspreise, die die offizielle Repräsentation des Regimes sichtbar machen. Diese Vielfalt an Objekten illustriert sowohl die ästhetischen Vorgaben als auch die politische Instrumentalisierung von Kunsthandwerk und Gestaltung im Nationalsozialismus.

Ausstellungsthemen

Der erste Bereich der Ausstellung spannt den Bogen von der Weimarer Republik über die Jahre des Nationalsozialismus bis in die frühe Nachkriegszeit. Viele der gezeigten Objekte wurden in staatlich geförderten Werkstätten gefertigt, auf offiziellen Ausstellungen und Leistungsschauen präsentiert oder unter Zwangsarbeit hergestellt. Fotografien, Plakate und zeitgenössische Dokumente ergänzen die Exponate und verdeutlichen, wie tief die Ideologie des Regimes in Gestaltungsprozesse, Materialwahl und Produktionsmethoden eingriff.

Thematisch behandelt dieser Teil die politischen Veränderungen nach 1933 sowie die geförderten Gestaltungslinien und Materialvorgaben des Regimes. Beispiele für solche Veränderungen sind volkstümliche, ländliche Formen und Dekore, die an Bedeutung gewannen, sowie die bevorzugte Nutzung „deutscher“ Werkstoffe wie heimischer Hölzer, verfügbarer Metalle (Zinn, Schmiedeeisen) und wiederentdeckter Schmucksteine wie Bernstein und Korallenachat. Darüber hinaus beleuchtet die Ausstellung die Rolle zentraler NS-Organisationen, die Nutzung von Gestaltung als Propagandainstrument und die Selbstinszenierung des Regimes im In- und Ausland, etwa bei den Mailänder Triennalen oder der Weltausstellung in Paris. Abgeschlossen wird der erste Ausstellungsbereich mit dem Themenkomplex der Zwangsarbeit, der sich in den Kriegsjahren zu einem omnipräsenten Phänomen der deutschen Wirtschaft entwickelte.

DAS GRASSI – ein „Schaufenster zur Welt“ im Wandel

Der zweite Ausstellungsteil richtet den Fokus auf das GRASSI selbst und die zwischen 1933 und 1941 organisierten Grassimessen. Das Haus spielte in der NS-Zeit eine ambivalente und zugleich zentrale Rolle: Es beherbergte Propaganda-Ausstellungen, darunter die Wanderausstellung „Entartete Kunst“ (1938), und organisierte eigene Schauen, die den offiziellen ästhetischen Leitlinien entsprachen.

Gleichzeitig boten die Grassimessen ein „Schaufenster zur Welt“ und ermöglichten ein Nebeneinander von volkstümlichem Kunsthandwerk und modernen, zeitlosen Gestaltungsformen. Die Messen waren ein wichtiger Ort, um nationale Gestaltungsvorstellungen zu verhandeln und zu präsentieren. Zugleich boten sie Raum für Vielfalt und Widersprüche – zwischen Anpassung an staatliche Vorgaben und Kontinuität der Moderne. Die Ausstellung beleuchtet deshalb gezielt Biografien von mehreren Ausstellenden, um Vielfalt und Widersprüche der Grassimessen in der NS-Zeit aufzuzeigen. Hier wird deutlich, wie Gestalter, Designerinnen und Institutionen zwischen Anpassung an Vorgaben und eigenständiger Gestaltung agierten.

Rahmenprogramm (Auswahl):

Lesekreis
Der Lesekreis „Kunsthandwerk und Design aus Zwangsarbeit“ der Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig widmet sich persönlichen Zeugnissen von Menschen, die unter dem NS-Regime in den Bereichen Kunsthandwerk und Design zur Arbeit gezwungen wurden.
Die Teilnehmenden lesen Auszüge aus Erinnerungsberichten und tauschen sich darüber aus, wie diese Erfahrungen bis heute nachwirken.
Erster Termin: 28.01.26, 18:00 Uhr
Weitere Infos, Texte und Anmeldung:
www.grassimak.de/programm/kalender/

Konzert
28.02., 17 Uhr: „Leben will ich, leben!“
Konzertlesung über die Widerstandskämpferin Cato Bontjes van Beek

Podiumsdiskussion
30.01., 15 Uhr: Reines Exponat? Perspektiven zur gegenwärtigen Ausstellungspraxis von Kunsthandwerk und Design der NS-Zeit zwischen Form und Ideologie

Regelmäßige Führungen
Führungen mit Kuratorinnen und Kuratoren sowie Sonderführungen finden regelmäßig
statt. 
Weitere Infos:
www.grassimak.de/programm/kalender/

Publikation
Ein umfangreicher Überblicksband erscheint zur Ausstellung im Hirmer Verlag, DE, 336 Seiten.

Kuratiert wurde die Ausstellung von Dr. Frank Werner mit Unterstützung von Sabine Epple/ Kuratorin Sammlungen Moderne, Dr. Stefanie Seeberg/ Kuratorin Textilsammlung und Nicolas Karpf/ Wiss. Volontär und kuratorische Assistenz.

FORMEN DER ANPASSUNG. Kunsthandwerk und Design im Nationalsozialismus
27.11.2025-12.04.2026
Ausstellungseröffnung: Mi, 26.11.2025, 19 Uhr

GRASSI Museum für Angewandte Kunst
Johannisplatz 5-11
04103 Leipzig

Öffnungszeiten:
Di – So, Feiertage: 10 – 18 Uhr, Mi 10 – 20 Uhr, montags sowie am 24.12. und
31.12.2025 geschlossen

Eintrittspreise:
10 €/ 7 € bzw. 5 € (ermäßigt), Gruppen ab 8 Personen: 8 € p.P.
Kinder und Jugendliche bis einschließlich 18 Jahre kostenfre



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