Eine der größten menschlichen Errungenschaften ist die Speicherung von Wissen. Ohne sie wären kultureller und technischer Fortschritt undenkbar. Die neue Ausstellung „Forget it?! Zukünfte und Geschichten der Wissensspeicherung“ wagt eine „erinnerungskulturelle Zeitreise“ und blickt zugleich in die Zukunft der Wissensspeicherung und deren wissenschaftliche Grundlagen. Die Schau wird präsentiert vom Deutschen Buch- und Schriftmuseum in Kooperation mit dem Deutschen Literaturinstitut Leipzig.
Schon in der antiken Götterwelt zeigen Mnemosyne, die Göttin der Erinnerung, und Lethe, die Göttin des Vergessens, wie eng Erinnerung und Gedächtnisverlust miteinander verknüpft sind. Die gegenwärtigen Entwicklungen, die durch globale Vernetzung, das Aufkommen der Künstlichen Intelligenz bis hin zur Entschlüsselung unserer Gene geprägt ist, geben dem Thema ganz neue Aktualität. Wo die einen die nie dagewesenen Möglichkeiten der Datenspeicherung feiern, fürchten die anderen das schwarze Loch der Amnesie. Was für den einen Utopie ist, bedeutet für die andere den Albtraum, die Kontrolle über die Wissensflut zu verlieren.
Die Ausstellung „Forget it?! Zukünfte und Geschichten der Wissensspeicherung“ erzählt nicht nur von Hungersteinen, die im Mittelalter vor Dürrephasen warnten, und von den klassischen Archiven unseres Wissens, sie beleuchtet auch die existenziellen Fragen der Atomsemiotik, betrachtet Bioarchive, Asservatenkammern und Zeitkapseln sowie die ersten Versuche, Wissen etwa auf DNA zu speichern. Mit diesem weiten zeitlichen Spektrum von Vergangenheit bis Zukunft unternimmt die Ausstellung eine erinnerungskulturelle Zeitreise, die die Menschheitsgeschichte als eine Geschichte der Wissensspeicherung neu erzählt. Denn ohne gespeichertes Wissen wären weder kulturelle noch technische Innovationen möglich – und somit auch keine Zukunft. In einer Zeit, in der immer mehr digitale Daten in Millisekunden übertragen werden, stellt sich die Frage nach der Speicherung von Informationen so dringend wie nie zuvor: Was werden wir in hundert Jahren noch über uns wissen?
„Forget it?!“ beleuchtet die Spannung zwischen Erinnerung und Vergessen, zwischen digitaler Überflutung und kultureller Amnesie. Während KI, Mikroelektronik und globale Vernetzung neue Möglichkeiten der Wissensspeicherung eröffnen, wächst zugleich die Angst vor dem digitalen Vergessen: Datenverluste, veraltete Speichermedien, fehlende Zugänglichkeit, politische Zensur. Die Zukunft der Erinnerung ist nicht nur eine technische, sondern auch politische und ethische Herausforderung. Vor allem aber fokussiert die Ausstellung gesellschaftliche Fragen: etwa das „Recht auf Vergessen“ im digitalen Raum oder die Gefahr, die autokratische Regime für die Sicherung des Weltwissens darstellen. Zentral ist dabei die hochaktuelle Debatte um den Zugang zu Wissen – wer hat ihn, wer kontrolliert ihn und wer bleibt ausgeschlossen?
Mit interaktiven Stationen lädt „Forget it?!“auch zum Mitmachen ein: Was gehört in Ihre persönliche Zeitkapsel? Was würden Sie gern vergessen – und was darf die Menschheit niemals vergessen? Haben Sie schon einmal Datenverluste erlebt? Wie sieht Ihr ganz persönlicher Ariadne-Faden durch die digitale Datenflut aus?
Zum Ausstellungsstart findet am Samstag, 8. November 2025, 10 bis 16 Uhr mit dem „Tag des Vergessens - und der Erinnerung“ ein Mini-Festival statt. In Kooperation mit der Universität Leipzig, der Stadt Leipzig, den Wissensspuren e.V. sowie zahlreichen Partnern aus Wissenschaft, Kultur und Stadtgesellschaft stehen Workshops, Führungen, Vorträge und Spaziergänge auf dem Programm. Das Festival geht der Frage nach, wie wir erinnern wollen und was wir loslassen müssen, damit Neues entstehen kann. Der Tag lädt ein zum Innehalten, zum Erzählen, zum Austausch, zum Staunen.
Forget it?! Zukünfte und Geschichten der Wissensspeicherung
Ort: Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Leipzig
Laufzeit: 24. Oktober 2025 bis 22. März 2026
Kooperation: Deutsches Buch- und Schriftmuseum – Deutsches Literaturinstitut Leipzig
Webseite:
dnb.de/forgetit
