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Nosferatu-Spinne, Foto: Naturkundemuseum Leipzig
Nosferatu-Spinne, Foto: Naturkundemuseum Leipzig

Experte des Naturkundemuseums Leipzig bestätigt privaten Kellerfund als sächsischen Erstnachweis der Nosferatu-Spinne

Achtbeiniger Neubürger in Sachsen ist ursprünglich beheimatet im Mittelmeerraum und Nordafrika

22.01.2021Umwelt
Naturkundemuseum

Ein Eindringling aus wärmeren Gefilden hat es nun also bis nach Sachsen geschafft: Die Nosferatu-Spinne (Zoropsis spinimana). Ursprünglich beheimatet ist der Achtbeiner im Mittelmeerraum und in Nordafrika. 2005 tauchte diese große und eindrucksvoll Art (Weibchen erreichen Spannweiten von gut sechs Zentimetern) erstmals in Südwestdeutschland auf. Von dort aus verbreitete sie sich hauptsächlich in Westdeutschland in Richtung Norden, wo kürzlich ein Fund in Bremen erfolgte.

Vor einigen Tagen fand nun auch Dr. Enrico Ruge von der HTWK Leipzig eine ungewöhnliche Spinne in seinem privaten Keller. Er fing sie ein und brachte sie zu Robert Klesser vom Naturkundemuseum Leipzig. Der Arachnologe konnte schnell bestätigen, dass es sich hierbei um den Erstnachweis von Zoropsis spinimana in Sachsen handelt. „Die Globalisierung erschließt nicht nur dem Menschen immer mehr Regionen auf der Welt. Auch Tiere nutzen, meist zufällig und unfreiwillig, menschliche Reise- und Transportmöglichkeiten. So konnten viele Tier- und Pflanzenarten neue Inseln, Länder und Kontinente erschließen, wo sie zuvor nicht heimisch waren. Das hat wahrscheinlich auch die Nosferatu-Spinne nach Deutschland und nun sogar nach Sachsen gebracht“, erläutert der Spinnenexperte.

In der Vergangenheit brachte es diese besondere Spinne zu fragwürdiger Berühmtheit, denn sie ist eine der wenigen Spinnenarten in Deutschland, die die menschliche Haut durchdringen und so eine Bisswirkung erzielen können. Ihr Biss wird ähnlich eines leichten Bienenstichs beschrieben, Todesfälle sind nicht bekannt. Spinnen sehen Menschen allerdings nicht als Beute an und ergreifen meist lieber die Flucht. Zu Bissen kommt es häufig nur dann, wenn sich die Spinne bedroht fühlt und keinen Ausweg mehr sieht. Im Übrigen sind fast alle Spinnenarten giftig, aber nur die wenigsten schaffen es, die Haut eines Menschen mit ihren Giftklauen (Chelizeren) zu durchdringen. Hinzukommt, dass die meisten Gifte nur für Insekten eine Gefahr darstellen, nicht aber für Menschen.

Inzwischen wird davon ausgegangen, dass sich die Nosferatu-Spinne, eine Art der Kräuseljagdspinnen (Zoropsidae), auf Dauer bei uns etabliert hat. Spinnenexperten sind jedoch noch uneins, ob diese Art ausschließlich synanthrop vorkommt, das heißt in der Nähe des Menschen lebt. Denn wie auch andere eingewanderte Arten aus wärmeren Gegenden der Erde benötigen sie die Wärme von Gebäuden, um den Winter zu überstehen. Für Arachnophobiker sicher nur ein schwacher Trost, aber die Anwesenheit von Spinnen im Haus bringt auch positive Effekte mit sich, stehen auf ihren Speiseplänen lästige Insekten wie Mücken oder Vorratsschädlinge ganz oben.

Invasive Arten können heimische Ökosysteme empfindlich stören, während andere gar nicht wahrgenommen werden. Deshalb ist es wichtig, Neuankömmlinge genau zu beobachten und Funde zu dokumentieren. Wissenschaft und Naturschutz bewerten die Rolle von sogenannten Neozoen (Tiere, die zuvor nicht vorkamen) und Neophyten (Pflanzen, die zuvor nicht vorkamen) ständig neu und dokumentieren deren Ausbreitung. Hierbei spielen Einrichtungen wie das Naturkundemuseum Leipzig mit seinen Wissenschaftler:innen eine ebenso große Rolle wie aufmerksame Bürger:innen.



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