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Bärenburg-Spielplatz im Zoo Leipzig, Foto: UNIKATUM
Bärenburg-Spielplatz im Zoo Leipzig, Foto: UNIKATUM

10 Jahre Bärenburg-Spielplatz im Zoo Leipzig

Interviewausschnitt mit Annegret Hänsel

24.06.2025 Stadtinformationen
UNIKATUM Kindermuseum

Am 3. Juli 2015 wurde die historische Bärenburg – einst 1929 als erste gitterlose Tieranlage im Zoo Leipzig erbaut – als großer Themenspielplatz neu eröffnet. Im Zentrum: der heute weithin bekannte Drache. Die Planung begann bereits 2013. Ausstellungsgestalterin Annegret Hänsel, Gründerin des UNIKATUM Kinder- und Jugendmuseums Leipzig, war mit ihrem Team maßgeblich an der Entwicklung beteiligt. Die Entwurfsplanung erfolgte im Auftrag des Zoos durch die UNIKATUM Ausstellungsmedien GmbH – die als Kreativagentur eine 100%ige Tochter der UNIKATUM Kindermuseum gGmbH ist. Das Projekt ist ein Beispiel für gelungene Zusammenarbeit zwischen Zoo, Denkmalschutz und freier Gestaltungsszene – und zeigt, wie ausstellungsgestalterische Expertise auch außerhalb klassischer Museumsräume wirken kann.

Im Jahr 2023 führte der Leipziger Grafikdesigner Christian Doege, Meisterschüler an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, ein ausführliches Interview mit Annegret Hänsel über die Entstehung des Spielplatzes. Das Gespräch war Teil seiner Recherchen zur Geschichte der Bärenburg im Rahmen seiner Abschlussarbeit. Der Zoo unterstützte die Recherchen mit ergänzenden Informationen; die Abstimmung des vollständigen Interviews zur Veröffentlichung im Buch erfolgte am 2. März 2023 (Fr. Melanie Ginzel, Pressestelle Zoo Leipzig). Eine Veröffentlichung in der Presse wurde im Hinblick auf das Jubiläum 2025 jedoch zurück gestellt. Das ursprünglich etwa doppelt so lange Interview wurde im Juni 2025 nun ausschließlich hinsichtlich der Antworten von Annegret Hänsel redaktionell gekürzt. Der inhaltliche Charakter der Aussagen blieb dabei vollständig gewahrt. Das Interview beleuchtet die planerischen, denkmalpflegerischen und gestalterischen Hintergründe – und erzählt vom Wandel eines historischen Zoogebäudes zu einem vielfach besuchten Spielplatz.

Interviewausschnitt mit Annegret Hänsel

Das folgende Interview wurde 2023 im Rahmen eines Buchprojekts von Christian Doege geführt. Eine Veröffentlichung in der Presse erfolgte bislang nicht. Die hier vorgelegte Fassung wurde hinsichtlich der Antworten von Frau Hänsel im Juni 2025 redaktionell gekürzt.

Im Sommer 2013 begannen die Planungen zur Umgestaltung der historischen Bärenburg im Zoo Leipzig in einen Themenspielplatz. Der Auftrag ging an die Ausstellungsgestalterin Annegret Hänsel, die kurz zuvor das UNIKATUM Kindermuseum gegründet hatte. Gemeinsame Projekte mit dem Zoo gab es bereits seit 1997 – etwa bei interaktiven Wissensstationen für Besucher.

Auf die Geschichte dieses besonderen Ortes stieß auch Christian Doege, Grafikdesigner und Meisterschüler der HGB Leipzig (Klasse Prof. Stephan Müller & Prof. Fred Smeijers), als er für seine Abschlussarbeit zur Historie der Bärenburg recherchierte. Aus umfangreichen Archivrecherchen im Zoo entwickelte sich ein Buchprojekt – mit Zeitungsartikeln, Postkarten und persönlichen Gesprächen. Im Zuge dieser Arbeit entstand das Interview mit Annegret Hänsel zur Entstehung des heutigen Bärenburg- Spielplatzes. Der Zoo unterstützte mit ergänzenden Informationen; mit der Pressestelle des Zoo Leipzig erfolgte am 2. März 2023 die Abstimmung zur Veröffentlichung im Buch (Fr. Melanie Ginzel, Zoo Leipzig, mginzel@zoo-leipzig.de).

Das Interview wirft einen Blick zurück – auf eine der ersten gitterlosen Tieranlagen Deutschlands, die Herausforderungen eines denkmalgeschützten Ortes und die Frage, wie daraus ein außergewöhnlicher Spielplatz entstehen konnte. Die letzten tierischen Bewohner – die Lippenbären – waren zu diesem Zeitpunkt bereits umgezogen.
Die vorliegende Version wurde deutlich gekürzt (die Originalantworten waren mehr als doppelt so lang). Das Interview kann gern in Auszügen veröffentlicht werden; bei weiteren Kürzungen einzelner Antworten bitten wir jedoch um Freigabe. Pressebilder (der Eröffnung am 3.7.2015) können bei Bedarf zur Verfügung gestellt werden.

Fragesteller: Christian Doege, E-Mail: doege@posteo.de

A: Haben Sie eigene Erinnerungen an die Bärenburg, als diese noch von Bären bewohnt wurde? Können Sie sich an Gefühle erinnern, die Sie mit dem alten Bau in Verbindung brachten?
Annegret Hänsel: Ja. Ich fand die hufeisenförmige Anlage mit dem Wassergraben in den 1990er Jahren sehr imposant. Die Eisbären wirkten aber auch wie Darsteller, denen man Beifall klatscht. Damals war das Prinzip des „gitterlosen Zoos“ noch wenig verbreitet. In den folgenden Jahren wurde der Zoo Leipzig dann Zug um Zug nach neuen Prinzipien umgestaltet – artgerechter, gestalteter, offener – und entwickelte sich zu einem der modernsten Zoos Europas.

B: Wie lautete die Aufgabenstellung bei Ausschreibung der neu zu gestaltenden Bärenburg, der Sie sich gegenüber sahen?
Annegret Hänsel: Die 1929 gebaute Bärenburg war längst zu klein für die Tierhaltung,auch ein artgerechter Umbau war nicht möglich. Sie erinnerte eher an eine Bühne für Tiere als an einen natürlichen Lebensraum. Als Baudenkmal sollte sie in ihrer Erinnerungswirkung erhalten, aber neu genutzt werden. 2015 wurde der Bärenburgspielplatz eröffnet.

C: Bestand die Herausforderung von Beginn an darin einen Spielplatz zu gestalten, der die alte Anlage mit einbeziehen sollte, oder waren auch andere Nutzungsmöglichkeiten denkbar? Welche Vorgaben gab es von Seiten des Zoos?
Annegret Hänsel: Die neue Nutzung als Spielplatz war vorgegeben. Gesucht wurde eine gestalterische Idee, die auch für Jahreskarteninhaber:innen mit Kindern langfristig attraktiv ist – und zugleich die Bärenburg als Highlight im Zoorundgang erhält.

D: Wie sind Sie an das komplexe Projekt herangegangen? Wie wichtig waren Ihnen die Sichtbarkeit der Architektur und die Historie der Bärenburg?
Annegret Hänsel: Der Erhalt der Architektur war eine feste Vorgabe von Zoo und Denkmalschutz – das war nicht einfach, da der Spielplatz sozusagen auf dem „Dach“ eines historischen Tiergebäudes mit unterirdischen Räumen entstand. Die Bärenburg liegt heute im asiatischen Themenbereich des Zoos. Anstatt sie nur geografisch einzuordnen, schlugen wir eine biologische Gliederung vor: Fünf Spielbereiche für unterschiedliche Altersklassen zu den fünf Wirbeltierklassen – Fische, Lurche, Reptilien, Vögel, Säugetiere. So entstand ein Kontrast zum Geozoo-Prinzip. Zunächst war im Zentrum ein kleineres Spieltier vorgesehen. Während der Entwurfsphase und im Dialog mit dem Zoo wurde daraus der große Drache – heute das markante Zentrum und Highlight des Spielplatzes.

E: Welche Auflagen gab es seitens des Amts für Denkmalschutz? Was wurde beim Bau vom ursprünglichen Gehege weggerissen; was musste zwingend erhalten bleiben?
Annegret Hänsel: Erhalten blieben die wesentlichen Elemente der historischen Bausubstanz: Klinkertürme, bühnenartige Podeste und der Wassergraben – wenn auch nicht mehr so tief wie früher und ohne Wasser. Selbst Innengehege und Pflegergang sind heute begehbar und wurden von uns zu einer interaktiven Ausstellung umgestaltet. Der neue Panoramarundweg bietet zudem historische Einblicke in die frühere Nutzung.

F: Inwieweit mussten Sie von Ihren ersten Plänen bei der letztendlichen Umsetzung abrücken?
Annegret Hänsel: Solche Projekte entstehen immer im Zusammenspiel vieler Beteiligter – vom Zoo über das Architekturbüro Rasbach für die Einbindung in den Masterplan bis hin zum Ingenieurbüro in der Betreuung des neuen Bärenburg-Cafés und der später den Spielplatz umsetzenden Firma Künstlerische Holzgestaltung Bergmann (Kulturinsel Einsiedel). Der Entwurf orientierte sich weitgehend an der von mir entwickelten Ideenskizze. Die größte Änderung in der Entwurfsphase war der zentrale Drache: Anfangs war an dieser Stelle lediglich ein kleineres Spieltier mit Flügeln vorgesehen.

G: Warum ist die Hauptfigur der Anlage ein Drache?
Annegret Hänsel: Der zuvor freie Platz im Zentrum der Bärenburg sollte mitgenutzt werden – auch für Sitzgelegenheiten und dringend benötigten Schatten. Unser erstes Entwurfstier hatte deshalb bereits große Flügel als Sonnenschutz. Da es in der historischen Bärenburg kein zentrales Gehege gab und die fünf neuen Spielbereiche realen Tierklassen gewidmet sind, sollte in der Mitte ein Fantasiewesen landen – wie zufällig. So entstand im Gestaltungsprozess der Drache.

H: Was glauben Sie hat Ihren Entwurf zum Gewinnerentwurf gemacht? An welchem Punkt hat sich Ihre Idee von denen Ihrer Mitbewerberinnen und Mitbewerber unterschieden? Passt sich Ihre Gestaltung in das Gesamtensemble des Zoos ein?
Annegret Hänsel: Ich kann nur mutmaßen – vielleicht war es die Verbindung aus klarer Einbeziehung der historischen Bausubstanz und einer gestalterischen Idee, die inhaltlich wie formal zur Sprache des Zoos passt. Die Spieltiere aus Robinienholz stehen jeweils für eine Wirbeltierklasse. Die Materialien und Formen korrespondieren mit der Klinkerarchitektur und erinnern an die natürliche Ausgestaltung der früheren Bärengehege.

I: Inwieweit waren Sie auch an der Gestaltung des Ganges unterhalb der Burg beteiligt? Wie empfinden Sie den Kontrast zwischen Spielplatz und Pflegergang?
Annegret Hänsel: Der Pflegergang wurde von uns in eine atmosphärische, interaktive Ausstellung zur Geschichte der Bärenhaltung umgestaltet – ein Kontrast zum lebendigen Spielplatzgeschehen darüber.

J: Während der Arbeit am theoretischen Teil meines Diploms hörte ich eine Kindergärtnerin zu ihren Schützlingen sagen: „Ach, mit euch irgendwo hinzu gehen… Wir sind im Zoo und ihr wollt nur auf den Spielplatz.“ Welchen Wert haben Ihrer Meinung nach Spielplätze in Zoologischen Gärten? Wie dringend braucht es sie im Erlebnis Zoo und wie viele davon braucht es in einem Zoo?
Annegret Hänsel: Spielplätze im Zoo sind wichtige Pausenorte – für Kinder mit Bewegungsdrang und für Eltern, die verschnaufen möchten. Anders als auf öffentlichen Anlagen befinden sie sich im eintrittspflichtigen Bereich, sind deutlich aufwändiger gestaltet, besonders thematisiert und werden gut gepflegt. Wenn Kinder dann lieber dort spielen als Tiere beobachten, ist das ein Kompliment – an das Konzept und an den Erlebniswert, den der Zoo ihnen bietet.

K: Was unterscheidet die Gestaltung für einen Zoo von der anderer Einrichtungen oder öffentlicher Plätze? Kann man das Aussehen des Spielplatzes (abgesehen von der Eingliederung der historischen Anlage) auf jeden beliebigen Zoo übertragen?
Annegret Hänsel: Ein Spielplatz in einem Zoo ist keine Standardlösung: Er muss sich behutsam in ein einzigartiges Gesamtkonzept einfügen – mit thematischem Bezug, gezielten Blickbeziehungen und besonderen infrastrukturellen Anforderungen. Der Aufwand für Planung und Pflege ist entsprechend hoch – vergleichbar mit dem Niveau eines Freizeitparks.

L: Mein Buch heißt: „Eine Bühne für die Bären“. Lief man früher auf die Bärenburg zu konnte man schon von weitem die Silhouetten der Eisbären auf der massiven Anlage sehen. Heute läuft man auf einen Drachen zu. Wie hat sich mit der Umgestaltung zum Spielplatz die Sichtweise der Besucherinnen und Besucher auf diese Bühne im Zoo, Ihrer Meinung nach, verändert? Inwieweit beeinflusst der Umbau den Ablauf des gesamten Zoorundganges?
Annegret Hänsel: Die Umgestaltung der Bärenburg war Teil des gesamten Masterplans des Zoos – mit neuer Wegeführung und naturnaher Haltung. Die Bühne für die Bären ist verschwunden – bewusst. Stattdessen entdecken Besucher heute in modernen Anlagen Tiere in artgerechter Umgebung, mit Rückzugsmöglichkeiten und Beschäftigung – und in der Bärenburg eben einen besonderen Spielplatz mit Fantasiefigur im Zentrum. Das verändert die Erwartungshaltung: Es ist ganz normal, dass man in einem Zoo nicht immer Glück hat und die Tiere wie „auf dem Präsentierteller“ sieht.

M: Wann haben Sie das letzte Mal bei einem Ausflug in den Leipziger Zoo „Ihren“ Spielplatz begutachtet? Wie zufrieden sind sie heute mit dieser Arbeit?
Annegret Hänsel: Ich war schon länger nicht vor Ort, denke aber gern an die Entstehung zurück – es war ein besonderes Projekt. Heute liegt mein Fokus auf dem UNIKATUM Kinder- und Jugendmuseum. Ich erinnere mich aber an eine Rezension einer Besucherin aus Dietzenbach als Begleitbrief einer Sachspende: „Für Justus (9) war das Kindermuseum das schönste Erlebnis des ganzen Leipzig-Aufenthaltes, sogar noch schöner als der Bärenburgspielplatz im Zoo oder die Schiffstour im Gondwanaland, die bisher seine Favoriten waren!“



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