„Alte Liebe rostet nicht“ sagt ein Sprichwort - aber ist das wahr?

„Früher, als wir noch jung waren, da war das ja noch anders“ hören wir unsere Eltern vielleicht manchmal sagen. Oder „du bist ja noch jung, da hast du ja noch alles vor dir“ - aber was ist, wenn du einmal älter bist, oder lange in einer Partnerschaft warst, und es dann nicht mehr so leicht und unbeschwert ist wie am Anfang? Kann eine solche Liebe wieder neu erblühen oder ist irgendwann einmal jede Hoffnung für einen Neustart verloren? Das Sprichwort „alte Liebe rostet nicht“ möchte wohl sagen, dass etwas, das schon lange zusammenhält, nicht einfach so für immer vergeht. Aber was ist damit eigentlich in der Praxis gemeint?

Viele Menschen kommen irgendwann einmal in ihren jungen Lebensjahren zusammen und gründen nach ein paar Monaten oder Jahren der funktionierenden Partnerschaft vielleicht eine Familie oder bauen sich ihr eigenes Heim. Genau wie beim Hausbau läuft aber auch in einer Beziehung nie alles nach Plan und manchmal ändern sich unterwegs plötzlich die Gegebenheiten. Nicht immer gelingt es dann, sich so einfach an die neue Situation anzupassen und dabei noch an die rosigen Anfangstage in purer Verliebtheit zurück zu erinnern. Oft kommt es dann zu Streits und Auseinandersetzungen über belanglose Kleinigkeiten, die zur Projektionsfläche für eigentlich innere Konflikte werden.

Partner weg, Haus weg, Hoffnung weg

Nicht immer wird man sich dabei einig und findet gemeinsame Lösungen für ständig wiederkehrende Beziehungskonflikte, sondern in fast der Hälfte aller Ehen kommt es danach auch zur Scheidung. Wenn es dann auch zur räumlichen Trennung kommt, steht oft auch das mühsam ersparte und mit viel Schweiß gebaute Haus wieder zum Verkauf. Mit diesem letzten Stück Erinnerung an die heile Welt schwindet auch die Hoffnung, dass es jemals wieder gut werden könnte. Doch was, wenn es gar nicht erst so weit kommen muss? Wenn es viel leichter ist, sich noch in der Partnerschaft auf Augenhöhe miteinander zu beschäftigen und die dort ausgetragenen Konflikte gewaltfrei zu klären? Anstatt sich erst hinterher Gedanken darüber machen zu müssen, ob und wie man den oder die Ex zurückgewinnen kann.

Menschen, die eine Trennung bereits hinter sich haben, geben laut Umfragen unter anderem diese häufigen Gründe an, warum die Beziehung aus ihrer Perspektive nicht gehalten hat:

  • Einer von uns beiden oder beide waren unglücklich in der Beziehung (29%)
  • Einer von uns beiden oder beide hatten keine Gefühle mehr für den anderen (28%)
  • Wir haben unterschiedliche Interessen entwickelt und uns auseinandergelebt (25%)
  • Einer von uns oder beide sind fremdgegangen (20%)
  • Wir hatten unterschiedliche Zukunftsvorstellungen (19%)

Falls also die Liebe trotzdem verblüht, was dann?

Nicht immer bewahrheitet sich also das Sprichwort „alte Liebe rostet nicht“ und gelingt es somit am Ende auch, die Beziehung zu retten - dazu gehören ja immer mindestens zwei Parteien. Wenn sich also auch zahlreiche Paartherapeuten und Beziehungscoaches auf diesen wachsenden Markt konzentrieren und dort eine wichtige Hilfestellung bieten, eskalieren durch Social Media und digitale Kommunikation immer häufiger und schneller bereits brodelnde Beziehungskonflikte. Sie sorgen dafür, dass das geringe bestehende Vertrauen völlig verloren geht und destruktives Kontrollverhalten noch leichter auf fruchtbaren Boden fällt - das vernichtet jedoch die Grundlage für jede tragfähige Beziehung.

Menschen müssen also lernen, wieder aufeinander zuzugehen, persönlich miteinander zu sprechen und den Partner wieder in seiner Ganzheit als Subjekt wahrzunehmen, um liebevoll mit ihm umzugehen und die Angst vor dem Verlassenwerden zu verlieren. Bindungsängste spielen dabei eine große Rolle, die durch die eigene familiäre Prägung in der persönlichen Entwicklung entstehen. So wird das Bindungsverhalten von den Eltern erlernt, die es meist wiederum selbst unreflektiert von ihren Eltern übernommen haben. Wir lernen in der Regel nie, wie Beziehung eigentlich richtig geht. Genauso wenig, wie man Kinder erzieht.

Der Ausweg - Grundlagenarbeit oder neue Beziehung

Langfristige Heilung kann also nur entstehen, wenn man sich mit den zugrunde liegenden Ängsten und eigentlichen Bedürfnissen beschäftigt. Dazu ist es notwendig an sich selbst zu arbeiten, und das am besten gemeinsam mit dem Partner. Denn Bindungstrauma lässt sich nur in Bindung heilen. Die oft gewählte Alternative ist, sich einen neuen Partner zu suchen, bei dem man dann meist wieder dieselben Herausforderungen in einer anderen Form antrifft.

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